Ziele waldbaulichen Handelns
Am schönsten hat's die Forstpartie, es wächst der Wald auch ohne sie. Diesen Ausspruch des Volksmunds kennen viele Menschen bei uns. Manch einer glaubt damit begründen zu können, dass wir unsere Wälder am besten in Ruhe und ungestört wachsen lassen, um am meisten Nutzen daraus zu ziehen.
Förster und Waldbesitzer widersprechen dem allerdings vehement. Schon immer haben die Verantwortlichen im Wald gepflanzt, gepflegt und geerntet und so versucht, ihre waldbaulichen Ziele zu erreichen. Gerade angesichts der Herausforderungen durch die Folgen des menschengemachten Klimawandels wird das Handeln im Wald wichtiger. Gemischte, gesunde und maximal stabile Wälder sind die aktuellen Ziele waldbaulichen Handelns. Denn solche Wälder sind den Gefahren des Klimawandels am ehesten gewachsen, bieten weiterhin dem Waldbesitzer einen Beitrag zum Einkommen, den Bürgerinnen und Bürgern Möglichkeiten zu Erholung und Naturgenuss und bleiben ökologisch wertvoller Lebensraum. Die Forstpartie hat, wie jede andere Branche auch, im Laufe der Zeit zahlreiche Fachbegriffe entwickelt, die im Folgenden erklärt werden.
Naturverjüngung
Naturverjüngung sind die jungen Pflanzen, die aus den Samen von Altbäumen heranwachsen. Die Naturverjüngung ist ein guter Weg, um Reinbestände in Mischbestände umzubauen. Sie hat gegenüber der Pflanzung einige Vorteile zu bieten. Die Wurzelentwicklung verläuft ungestört, dies führt zu einer besseren Stabilität und Vitalität der Bäume und es entfallen die Kosten für die Kulturbegründung. Die Grundvoraussetzung für eine natürliche Verjüngung der Bestände sind angepasste Wildbestände. Dazu braucht es Samenbäume der gewünschten Baumart in der Nähe sowie passende Lichtverhältnisse. Naturverjüngungen können zusätzlich durch Pflanzung anderer Baumarten ergänzt werden. Der vorhandene Altbestand schützt die jungen Pflanzen vor äußeren Einflüssen wie Frost oder Trockenheit. Und die jungen Bäume wachsen je nach Lichteinfall bereits unterschiedlich auf, Pflegemaßnahmen sind oft nicht nötig.
Voranbau (= Vorbau)
Der Vorbau eignet sich sehr gut für den Umbau von Fichtenbeständen in denen keine Mischbaumarten vorkommen. Unter dem Schutz des Altbestandes werden schattentolerante Baumarten wie Rotbuche und Weißtanne eingebracht. Lassen Sie sich nicht täuschen, wenn Fachleute von „Schattbaumarten“ sprechen. Das heißt nicht, dass diese Baumarten Schatten brauchen, um zu wachsen. Natürlich benötigen auch die kleinen Weißtannen oder Rotbuchen zum Wachsen Licht und je mehr Licht sie bekommen, desto besser wachsen sie auch. Sie ertragen nur den Schatten besser und können auch unter diesen Bedingungen noch ein wenig in die Höhe wachsen. Die sogenannten „Lichtbaumarten“ sind bei starker Überschirmung deutlich im Nachteil. Eine typische Lichtbaumart ist zum Beispiel die Fichte.
Damit nun die Schattbaumarten am Waldaufbau zum Schluss auch wirklich beteiligt sind und nicht auf dem Weg dahin von der Fichtenverjüngung überwachsen werden, brauchen sie einen Vorsprung. Den können sie sich nur „erarbeiten“, wenn sie rechtzeitig in die alten Fichtenwälder eingebracht werden. Die Überschirmung sollte deshalb mindestens 10, besser 20 Jahre dauern. Der Altbestand muss noch stabil genug sein, damit er diese Phase überdauern kann. Vorbaugruppen werden mosaikartig in einer Größe von etwa 20 mal 20 Meter zwischen den Rückegassen eingebracht. Nach und nach kann dann der Altbestand entnommen werden. Die Altbäume werden nach außen auf die Gasse gefällt, um die Vorbauten nicht zu gefährden. Mit dem Nachlichten über den Vorbaugruppen wird spätestens begonnen, wenn das Höhenwachstum der kleinen Bäume nachlässt.
Kultur- und Jungwuchspflege
Die Zeit der Jungwuchspflege reicht von der Pflanzung einer Kultur oder dem Auflaufen von Naturverjüngung bis die Kronen der jungen Bäume ineinander wachsen (= Dickungsschluss). In dieser Zeit können die Bewirtschaftenden die Qualität, Stabilität und Baumartenvielfalt sicherstellen.
In gleichmäßig aufgewachsenen, dichten Fichtennaturverjüngungen ist eine schematische Stammzahlreduktion notwendig. Hierzu werden einzelne Bäume mit dem Freischneider freigestellt. Mischbaumarten werden gezielt gefördert.
In bereits gemischten Beständen können die Baumartenanteile gesteuert werden.
Durch die Pflege gewinnt der einzelne Baum an Platz, wodurch sich eine lange, stabile grüne Krone entwickeln kann. Zudem stehen für den Einzelbaum mehr Ressourcen (Wasser, Nährstoffe, Licht) zur Verfügung. Die Pflege in der Fichte wird am besten vorgenommen, solange man die Verjüngungsfläche noch überblicken kann (ca. Hüfthöhe).
Jungbestandspflege
Die Jungbestandspflege beginnt nach der Kultur- oder Jungwuchspflege, also mit Dickungsschluss. Ob es eine Jungbestandspflege braucht hängt davon ab, wie sich das Mischungsverhältnis sowie Qualität, Vitalität und Stabilität der Bäume zu entwickeln beginnen und davon, ob das den Zielen des Eigentümers entspricht. Es gilt der Grundsatz früh und mäßig einzugreifen, dafür häufig.
Im Laubholz ist besonders darauf zu achten, den Dickungsschluss nicht zu unterbrechen, damit die natürliche Astreinigung ablaufen kann.
Im Nadelholz wird in undifferenzierten Beständen in die Auslesedurchforstung übergegangen, es erfolgt jetzt keine schematische Stammzahlreduktion mehr.
Jungdurchforstung
Durchforstungen sind ein wichtiger Teil der Bestandespflege. Dadurch wird der Zuwachs auf die zukünftigen Wertträger des Bestandes gelenkt. Zudem werden strukturreiche und stabile Bestände geschaffen.Die Bäume des undurchforsteten Bestandes wachsen schnell und gleichförmig nach oben zum Licht und bleiben dadurch dünn. Die Kronen haben nur einen geringen Anteil an der Stammlänge, sie sind hoch angesetzt. Der Bestand wird instabil, er ist windwurf- und schneebruchgefährdet.
Mit der Jungdurchforstung wird etwa ab einer Höhe von 10 bis 12 Metern bzw. einem Alter von etwa 25 Jahren begonnen. Diese Phase ist auch erkennbar durch den Beginn der natürlichen Astreinigung beim Laubholz und durch das Absterben der grünen Äste beim Nadelholz. In Nadelholzbeständen wird in dieser Zeit stärker eingegriffen. Die verbleibenden Bäume erhalten mehr Licht, die Bäume sind tiefer bekront und damit stabiler. Im Laubholz wird nicht so stark eingegriffen. Der Dichtstand soll noch erhalten bleiben, die natürliche Astreinigung setzt sich fort. Während der Jungdurchforstung werden auch Rückegassen angelegt, parallel alle 30 m mit einer Breite von mindestens 4 m. Durch die Erschließung des Bestandes lässt sich die Waldpflege und der Abtransport des Holzes um ein Vielfaches erleichtern. Auch Rettungskräften wird der Weg in den Wald erleichtert.
Auslesedurchforstung/Z-Baum-Durchforstung
Wir empfehlen, bereits bei der Jungdurchforstung nach dem Prinzip der Auslese- oder Z-Baum-Durchforstung vorzugehen.
Hier werden zunächst die Zukunftsbäume (= Z-Bäume) markiert. Ausgewählt werden sie anhand von Qualität, Vitalität und Stabilität, also Gesundheit und Stammform, Wuchskraft im Vergleich mit dem umgebenden Bestand sowie der Kronenform. Alle 8 bis 12 Meter sollte ein Z-Baum stehen.
Um diesen Bäumen dann genügend Raum für ihre weitere Entwicklung zu geben werden 1 bis 2 bedrängende Bäume entnommen. Die Bereiche zwischen den Z-Bäumen bleiben bewusst ungepflegt. Eventuell vorhandener Unter- und Zwischenstand bleibt erhalten. Er dient zur Schaftpflege und zur Strukturierung des Bestandes. Etwa nach fünf Jahren sollte der nächste Eingriff stattfinden.
Altdurchforstung
Die Altdurchforstung beginnt bei einer Höhe der Bäume von etwa 20 Metern und einem Alter von ca. 35 Jahren, abhängig von der Baumart und den Standortsverhältnissen. In dieser Phase geht es um den weiteren Kronenausbau und den Zuwachs der Zukunftsbäume.
Es kann jedoch auch sein, dass sich ein zuvor gewählter Zukunftsbaum nicht wie gewünscht entwickelt hat oder einen Schaden aufweist, dann sollte auf einen anderen Kandidaten gesetzt werden. In stabilen Beständen können auch in dieser Phase 1 bis 2 Bedränger pro Z-Baum entnommen werden. Der Eingriff wird wiederholt, wenn die Entwicklung der Kronen dies erfordert. Am Ende der Altdurchforstung sind die Z-Bäume in hiebsreife Dimensionen gewachsen. Auch über den Folgebestand müssen sich nun Gedanken gemacht werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in die nächste Waldgeneration einzusteigen. Je nach Ausgangslage kann man versuchen, Naturverjüngung einzuleiten, rechtzeitig Voranbauten einzubringen oder es wird schließlich der Bestand eingeschlagen und ein Nachfolge-Bestand gepflanzt.
Waldrand
Der Waldrand bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. Zudem wird der dahinter liegende Waldbestand durch ihn geschützt - Windwurf- und Bruchgefahr werden vermindert, da die Turbulenzen abgemildert werden. Beim Aufbau eines Waldrandes werden drei Bereiche unterschieden: der Krautsaum, der Strauchgürtel und der Waldgürtel. Daran schließt sich dann der eigentliche Waldbestand an.
Im Krautsaum stellen sich Arten wie Brennnessel, Schlüsselblume oder Storchenschnabel ein. Im Strauchgürtel können die verschiedensten Heckenpflanzen vorkommen wie Schlehe, Weißdorn oder Holunder. Bäume zweiter Ordnung, also solche, die nicht so groß werden, beispielsweise Feldahorn, Mehlbeere, Wildobst, oder Weide, sind typische Bäume des Waldgürtels. Die einzelnen Zonen sind nicht klar voneinander getrennt, sondern gehen fließend ineinander über. Für die Anlage eines Waldrandes wird jedoch etwas Platz benötigt. Etwa 10 m Tiefe sollte eingeplant werden.