Unseren Wald erleben
Märchen vom Förster

Wald in Holz
Förster Pentti Buchwald kennt Märchen und erzählt auch jedes Jahr ein neues Weihnachtsmärchen. Vielleicht hat er sie selbst erlebt?
Liebesmärchen
Der Wind blies stark im alten Wald und ließ Äste brechen, ja sogar ganze Bäume splittern. Alle Jahre kehrte er wieder und forderte seinen Tribut. Aus den Wunden tropfte honigschweres Harz in kleinen Perlen und sammelte sich am Fuß der Bäume in dicken Klumpen. Manchmal hell, wie lichtdurchflutetes Glas oder dick, wie gelbe Butter.
Allerlei längst ausgestorbenes summendes Getier blieb daran kleben und wurde für die Ewigkeit eingeschlossen. So geschah es im alten Wald, der ganze Kontinente bedeckte, schon seit vielen Generationen.
Der Bernsteinwald war schon längst verschwunden, als der steigende Meeresspiegel schließlich die Baumtränen einsammelte und sie mit blauem Ton bedeckte. Millionen von Jahren lang vor dem Geschlecht der Menschen reifte das versteinerte Harz als Zeuge längst vergangener Wälder.
Diese sahen dann in dem Harz der Bäume die Tränen der Götter, wertvoller und teurer als Gold. Die Zauberkräfte, die in ihm wirkten, sollten gegen Zahnschmerzen, Zeckenleid und anderes Zipperlein helfen. Schließlich spülte die Neumondflut einen Bernsteinklumpen an die Ostseeküste.
Genau den fand Fritz und schenkte ihn seiner Elfriede! Das geschah im Sommer vor dem Krieg der Menschen. Dann blieben den beiden nur ein kurzes Glück, Flucht, Neubeginn und ein golden schimmernder Bernstein an einem Seidenband.
Als Oma Elfriede schon im hohen Alter stand, schenkte sie ihr Bernsteinamulett der Enkelin. Weil sie wusste, dass das alte Harz nicht nur die Wunden der Bäume heilte, sondern auch die Herzen der Menschen mit dem Sonnenlicht längst vergangener Zeiten wärmt. Das Licht strahlt für die, die es spüren können, in dunklen Tagen besonders hell.
Kein Zauber, aber das Echo der Liebe der Menschen, die es verschenkt haben!
Bsssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssss, hörte man die Bienen im Stock summen. Die Arbeiterinnen kühlten mit schnellem Flügelschlag die Wachswaben und der Imker freute sich, dass seine Bienenvölker jetzt im Sommer so fleißig arbeiteten. Aber tatsächlich lautete die Übersetzung des Bienengesangs: Ich bin wir, du bist wir, und gemeinsam sind wir das Volk der Bienen. BSSSS!
Die stolzen Bienenvölker arbeiteten jetzt im Hochsommer gemeinsam, um Nektar und Blütenpollen für den Winter einzubringen. Für einen Löffel Honig mussten sie 10000 Blüten besuchen! Außerdem kam die Zeit der Hochzeit der Königin mit ihren Prinzen. Diese Drohnen lebten nur, um ihrer Königin den Hof zu machen. Sie brauchten nicht zu arbeiten und wurden gefüttert, bis sie ihre Bestimmung erfüllt hatten. Dann mussten sie verhungern oder wurden sogar getötet. Männer sind entbehrlicher Luxus in einem Frauenstaat!
Aber Drohne Nr. 764 machte sich Gedanken! Er fand die Königin hässlich und er hatte keine Lust, mit den anderen trägen Jungs faul im Stock abzuhängen. Er wollte etwas erleben, neue Blüten schmecken und außerdem hatte er sich in Arbeiterin Nr. 4822 verliebt! Gut, sie war klein, aber dafür wunderschön. Er summte sie an: Hallo 4822, darf ich dich auf einen Rüssel Sonnenblumennektar einladen?
Aber du bist doch eine Drohne! Du darfst dich nicht mit mir als Arbeiterin abgeben. Du bist für die Königin bestimmt! Aber süß ist er doch, dachte sie bei sich.
Ich will nicht mehr tun, was andere sagen, sondern selbst bestimmen. Die Welt da draußen ist so bunt und riecht so gut! Du übrigens auch. Sag einfach Summer zu mir und flieg mit mir, SaBiene! Hab keine Angst vor mir, ich bin harmlos und habe nicht einmal einen Stachel! Möchtest du mit mir fliegen?
Es war schon im Herbst, als beide nach Wochen der gemeinsamen Freiheit zum letzten Mal ihr gemeinsames Bienenlied summten: Ich bin ich, du bist du und gemeinsam sind Wir. BSSSS!
In dieser Nacht überzog der erste Frost die Wiesen mit einer dünnen Reifschicht. Der Sommer der Bienen endete und unter dem dünnen Eispanzer schien es, als ob SaBiene und Summer noch immer lächelten!
Den ganzen Tag konnte man es hören: das Aufploppen der Puppenhüllen, aus denen die Schmetterlinge schlüpften. Die Brennnesselhecke war voller Falter, die ihre zerknautschten Flügel mit Luft aufpumpten. Jeder wollte als erster fertig sein, um endlich fliegen zu können! Endlich keine hässliche Raupe mehr sein, die den ganzen Tag fressen musste und kein ewiges Warten in der Puppenhülle - gerade mit dem Schwanz konnte man noch wackeln! Geschafft, noch ein paarmal zum Angeben mit den Flügeln in der Sonne klappern und dann endlich frei! Fliegende, funkelnde, furiose Flatterkönige!
Doch ganz oben auf der höchsten Brennnessel saß sie. Der schönste Schmetterling der Hecke, samtbraun mit vier violett-gelben Augenflecken: ein Tagpfauenauge! Schön, nein - die Schönste! Nur Fliegen, das traute sie sich einfach nicht. Sie dachte, wenn ich starte, pustet der Wind meine Schuppen weg und ich bin ganz nackt! Oder mir wird schwindelig von meiner eigenen Geschwindigkeit, ich könnte mich auch verfliegen oder meine Flügel vereisen oder verbrennen hoch oben am Himmel - das wusste sie nicht genau. Doch im Grunde hatte sie Angst vor dem Fliegen an sich, weil sie einmal als Raupe gefallen war – tief, zu den schleimigen Nacktschnecken auf dem nassen Boden. So schnell ist keine Raupe wieder hochgerobbt! Aber jetzt knurrte der Magen, der spiralige Rüssel entrollte sich, stocherte herum und fand einfach keine Blüte! Hach, ist das Leben kompliziert: ohne Fliegen keine Blume, ohne Blume muss ich verhungern… Doch dann geschah das Unerwartete:
HhmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmausderbahnBautz!
Ein schwarz, blonder, behaarter Blitz traf die Brennnessel! Ein Knäuel aus vier Flügeln und zwölf Beinchen wummerte durch die Luft und landete auf einer Riesenpestwurz. Was bist du? Auch angenehm: Ich bin Hermann, die Hummel. Ich bin nur ein bisschen kurzsichtig!, brummselte der Bruchpilot und wischte sich eine honigverklebte Borstentolle aus der Stirn. Und du bist…? Ich bin Violetta, das Tagpfauenauge!
Ich habe dich beobachtet: besonders gut fliegen kannst du aber nicht. Ich flattere wann ich will! Also komm mit, du mageres Insekt! Da vorne ist eine Wiese mit Löwenzahn voller Nektar. Ich, ich hab Angst vor dem Fliegen! Ha, nichts leichter als das: schließe deine 6.000 Augen, fang an zu flattern und mach sie auf, wenn ich es dir sage. Es wird dir Spaß machen, die Menschen behaupten auch, dass Hummeln nicht fliegen können, wegen der Ärodingsda. Und wir fliegen doch! Hab Mut und vertraue mir. Es wird dir gelingen, weil du für das Fliegen geboren bist. Es ist deine Bestimmung den Sommerhimmel schöner zu machen!
Als Violetta die Augen aufmachte, war sie hoch oben in der Luft und es war wunderbar. Hermann brummte um sie herum und zeigte seine berühmte Flugshow, bis es Abend wurde. So, jetzt ist es Zeit zum Schlafen, sonst erwischen uns noch die Fledermäuse, brummte Hermann. Schön, dass es dich gibt! Nein, schön dass es uns gibt! klimperte Violetta mit ihren Fühlern!
Er überlegte: Er hatte sich doch als Allesfresser erst letzte Nacht den Magen mit Mais vollgeschlagen und sich als Nachtisch noch ein paar Engerlinge gegönnt. Danach hatte er ausgiebig in seiner Lieblingsschlammkuhle gebadet und die pflegende Schlammpackung wieder an seinem Lieblingsbaum abgeschmurgelt. Das ganze Wellnessprogramm eben! Seine Hauer sind scharf, seine Borsten gepflegt und seine Schwarte fett. Kurz, er ist ein ausgesprochen gut aussehender und stattlicher Vertreter seiner Art! Ferdinand ist ein stolzes Wildschein!
Seine Kumpels im Wald merkten schon lange, dass etwas nicht stimmte.
Seine Brüder aus der Rotte grunzten ihn an: Alles im Rüssel? Du hast doch uns, deine Brüder. Wir haben im Team immer oberförstermäßigen Spaß! Grunz, jaaa, aber …
Achte auf dich, damit du vor lauter Kummer nicht noch abnimmst. Eicheln bringen dich wieder in Balance!
Grunz, jaaaa, aber ….
Grunz, jaaaaa, aber ….
Grunz, jaaaaaa, aber …
Auf einmal hatte Ferdinand einen herrlichen Geruch im Rüssel! So wunderbar würzig und doch süß!
Ich bin dein Ferdinand und du bist mein Glücksschwein! Wir werden herrlich bunte Ferkel haben!
Grunz, Grunz, Grunz, Grunz; Grunz, Grunz, Grunz, Grunz, Grunz, Grunz (gemeinsam), aber Ja!
Ein alter Dichter erwarb den einen Stift, der die Kraft hatte die Herzen der Menschen zu berühren. Erst jetzt konnte er von Liebe und Hass, Glück und Trauer so schreiben, dass alle Leser glaubten ihre eigene Geschichte zu erkennen. Er beschrieb einfach das Leben selbst! Irgendwann war es aber soweit: mit dem letzten kümmerlichen Rest seines Bleistiftstummels schrieb er die Worte an seine große Liebe, die er nie gewagt hatte anzusprechen.- Aber dieser Brief geht nun wirklich nur diese beiden etwas an!
Zum Glück wachsen neue Bäume nach und neue Menschen werden geboren, die auch ihren Bleistift finden. Wenn Sie Glück haben, ist das heute hier ihr Stift!
Probieren Sie es aus!
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Vielfalt im Wald
Eins hatte er aber eben noch nicht entdeckt und das machte ihn zeitlebens unzufrieden. Er war sich sicher, dass all das Wunderbare und Unerklärliche der Wälder auf einen geheimen Antrieb beruhte. Eben dem Herzen des Waldes.
Sie nannte sich Formicula, wie alle ihre Schwestern. Sie jagte. Sie wusste mit dieser fetten, haarigen Raupe könnte ihr Volk lange überleben. Sie fing an zu rechnen, wie viele Schwestern notwendig waren, um diese Beute in den Bau zu tragen. Es müsste reichen! Vorsichtshalber probierte sie schon einmal und biss dem alten Mann in die Nase. Au!
Vor Schreck wachte er auf und er war ein Wissender! In einem Traum hatte eine Ameise ihm die Vollkommenheit der Schöpfung erklärt und vom gemeinsamen Ursprung seit Anbeginn der Erde. Die Herzen aller Lebewesen schlugen im Gleichklang. Die Kraft, die alles antreibt, braucht keinen Strom, sondern besteht aus Mitgefühl und Verantwortung gerade für die Kleinen und Schwachen, und aus Liebe und Freude am Leben selbst. Gestern, heute und morgen. Es ist so einfach!
Der alte Mann seufzte vor Erleichterung, als er dieses letzte Geheimnis endlich verstehen konnte. Er eilte so schnell er konnte aus dem Wald, um die Welt an dem Geheimnis teilhaben zu lassen.
Im Wald war man nun zufrieden und Formicula lag auf dem weichen Waldboden und rieb sich die Fühler. Schade um die große Raupe! Na, wenigstens konnte ihr Volk jetzt Brotzeit machen mit Speck, Brot und einem süßen Krapfen!
Doch bevor es soweit war, knabberte erst einmal ein hungriger Gamsbock viele von seinen Geschwistern weg. Später, während der Tag- und Nachtgleiche, fällten Menschen grüne Bäume für ihre Stuben, um die Geburt des Gottessohns zu feiern. Dann schlugen Holzknechte in der Not der Kriegsjahre seinesgleichen als Feuerholz für die Menschenstädte im Tal. Noch später wurden seine betagten großen Schwestern bei Neumond gefällt, um besonders haltbare Häuser für Jahrhunderte zu bauen. Sein letzter Bruder wurde schließlich von einem Geigenbauer aus dem Tal ausgewählt. Aus seinem klingenden Holz schnitzte er die schönsten und feinsten Instrumente.
Seine Geschwister waren nun alle fort und er war der letzte seiner Generation. Jetzt fragte sich der Baum, was wohl die Zukunft bringen würde, denn unter ihm wuchsen bereits viele Schichten junger Bäume, die seinen Platz forderten. Schon am nächsten Tag erfüllte sich sein Schicksal! Ein paar Burschen aus dem Dorf fuhren mit einem Traktor in den Gemeindewald. Sie brauchten erst gar nicht lange zu suchen, da ihnen die alte Fichte schon lange aufgefallen war. Ja, der passt! Das ist der Schönste! Höher ist keiner! In ihrer Begeisterung konnten sie sich gar nicht entscheiden, was ihnen besser gefiel: die Majestät des alten Baums vor ihnen, oder die Aussicht auf das steingewordene Traumschloss des traurigen Königs gleich daneben! Aber das brauchten sie auch nicht, denn Natur und Kultur waren hier im Gleichklang! In den Herzen der Menschen konnte Keins für sich alleine bestehen. Gemeinsam gaben sie den Menschen Erdung und Phantasie zugleich.
Also fällten sie den Baum, versteckten ihn vor Dieben, schnitzten Girlanden und Rautenmuster in seine Rinde und stellten ihn geschmückt mitten im Dorf auf. Dort tanzten sie um ihn und feierten so das Fest des wiederkehrenden Lebens.
Es war Mai in Bayern und im ganzen Land standen Fichtenbäume bei den Menschen und vollendeten ihren Traum von Heimat.
Als die anderen Bäume das sahen, gab es unter ihnen sofort ein paar Vorwitzige, die auch so dachten und endlich ihr eigenes Ding machen wollten. Die Tiere im Wald fürchten sich vor so einer Zukunft und die Eichhörnchen meinten ganz richtig: Wir brauchen Zapfen und Bucheckern und Eicheln und Nüsse zum Knabbern!
Sogar die Ameisen, die jedes Jahr versuchten die Waldherrschaft zu erringen, waren überfordert. Welche Wälder sollten sie zukünftig erobern? Die Auswahl war einfach zu groß: Ahornwälder, Buchenwälder, Eichenwälder, Fichtenwälder, Eibenwälder, Tannenwälder…
Sogar die aus Amerika eingewanderten Neubewohner, wie Douglasien, Roteichen und Mammutbäume fragten sich:
Woh solln we hin? Our hause wah user walt! Woh is user home jest?
Die japanischen Ginkos antworteten fast akzentfrei:
Will wisseln es nich. Will können doch zusammen in jedel Elde wulzeln! Die Sonne scheint fül uns alle!
Dann kam es zur großen Trennung: alle Baumarten wollten nur untereinander und nicht mehr miteinander auskommen. Die Neuen Wälder wuchsen mehr schlecht als recht. Es war entweder zu dunkel oder zu hell, zu heiß oder zu kalt, oder zu trocken oder zu nass.
Als dann im Winter der große Sturm wehte, war es ihm gerade egal, wen er umblies. Ohne gegenseitigen Halt brachen die Wälder zusammen, den Rest erledigten die Sommerdürre und Heerscharen von hungrigen Insekten.
Nun kam die Stunde der Eichhörnchen und Eichelhäher, die rechtzeitig Vorräte gesammelt haben: Sie pflanzten aus den geretteten Samen den alten gemischten Wald, der vor vielen Baumaltern nach der großen Kälte gewachsen ist. Die Pilze halfen den Sämlingen beim Anwachsen: ein nun nicht mehr einsamer Trüffel freute sich, weil er seinen Freund eine junge Eiche wieder hatte. Im Team geht eben alles besser!
Am Ende war es wie am Anfang und keiner wusste oder wollte zugeben, warum es so weit gekommen war. Gemeinsam war man wieder das, wozu man bestimmt war:
Der eine Wald, der Platz und Heimat für alle bot.
Es ging schon auf den Abend zu und eine kugelrunde Kreuzspinne lauerte in der alten Weide über dem Wasser. Da zappelte schon wieder etwas in ihrem Netz:
Ah, nicht noch eine! Wie langweilig!
Oh, wer bist du?
Ich bin eine Spinne und ich fresse dich und deinesgleichen.
Was ist das Fressen?
Ich lähme dich mit einem Biss, verflüssige dich und sauge dich dann aus!
Ach so! Ich selbst kenne keinen Hunger.
Was, kein Hunger?
Meine Geschwister und ich sind heute Morgen auf die Welt gekommen und ich erfuhr meinen Namen. Ich habe die Liebe meines Lebens gesucht und gefunden. Wir haben Hochzeit gefeiert und ich habe viele, viele Eier gelegt. Nur schade, dass ich meine Kinder nie sehen werde. Und immer, wenn Zeit war, habe ich mit meinen Geschwistern in der Sonne getanzt. Ich habe mein ganzes Leben an einem Tag gelebt. Das ist meine Bestimmung zu fliegen, zu lieben und zu sterben! Da bleibt keine Zeit zum Fressen! Ich habe Hunger nach Leben, jetzt bin ich aber satt und werde müde.
Die alte Kreuzspinne war auch pappsatt (und gerührt). Deshalb kappte sie den Faden und Nymphea schwebte zum Wasser und wurde vom Fluss mitgenommen.
Eine alte Forelle sah sie in der Strömung vorbeitreiben und in der Dämmerung verschwinden. Sie dachte bei sich: Wieder nur eine Eintagsfliege…
Schon ganz zu Anbeginn aller Dinge lebte die Stammmutter aller Raben, die eine Vorliebe für bunten Krimskrams hatte. In der Mitte des Nichts stand nämlich eine große Muschel, die überquoll von unzähligen kleinen und großen Perlen. Am schönsten leuchtete ganz unten im Haufen eine kleine blaue Perle. Die gefiel unserer Räbin so gut, dass sie einfach zugreifen musste! Nun begann aber das große Durcheinander, weil alle anderen Perlen herausrollten und sich über den Himmel verteilten. Seitdem leuchten sie als Sterne und die kleine blaue Perle wurde zu unserer Erde. Die wurde so bunt wie unsere regenbogenfarbigen Federn, die wir aber zur Strafe für unseren Diebstahl verloren! Seitdem sind wir schwarz wie die Nacht, aber zum Trost durften wir wenigstens unseren wunderbaren Gesang behalten. Krah!
Jeden Abend klettern wir schwarzen Eichhörnchen in die Gipfel der höchsten Bäume und warten dort auf die hell leuchtende Himmelsscheibe. Wenn sie sich auf ihrer Bahn auf die Bäume senkt, können wir sie leicht fangen und anschließend verstecken. Erst dann wird es richtig dunkel und man kann vernünftig schlafen! Am nächsten Morgen graben die roten Eichhörnchen die Himmelsnuss wieder aus, damit sie wieder Licht und Wärme spenden kann. Ohne uns Eichhörnchen gäbe es nämlich weder Tag noch Nacht!
Wir bohren, also sind wir! murmelten die Holzwürmer im Baum. Wir fressen jede Nacht neue Löcher in den Himmel, bis auch die Nacht einmal taghell sein wird. Wir bringen Licht ins Dunkel!
Nein! summten die Glühwürmchen. Jedes Mal, wenn auf der Erde ein Würmchen aufhört zu glühen, darf es am Nachthimmel weiterleuchten. Wir enden nicht, wir fliegen nur höher!
Unsinn! schlabbelte eine winzig kleine, aber freche Nacktschnecke. Jede Nacht kommt die große Himmelsschnecke und nascht vom runden Leuchtpilz, bis er ganz aufgefressen ist. Als ihre Schneckenkinder schweben wir dann jede Nacht vom Himmel herab. Darum nennen wir Nacktschnecken uns auch Sternschnuppnecken, oder Schneckschnuppen oder ganz einfach Schternnecken! Wir sind nur Sternenstaub. Jeder, der uns küsst, darf sich etwas wünschen!
Jede Geschichte ist wie ein Faden ohne Anfang oder Ende, der die Vergangenheit mit der Zukunft verspinnt. Keine Geschichte ist wahrer als die anderen, weil alle Geschichten unser gemeinsames Erbe sind. So haben alle recht!
Damit waren die Tiere im Baum zufrieden, vertrugen sich wie jeden Abend wieder und wünschten sich eine gute Nacht - bis auf die Fledermäuse, die noch ein bisschen flattern gingen, um vielleicht noch eine Schneckschnuppe zu sehen.
Es war die blaue Stunde zwischen Tag und Nacht, Traum und Wirklichkeit und im Mondlicht schimmerte eine kleine Feder in allen Regenbogenfarben.
Dr. Wanzenbein kam zu Ohren, dass er wieder gesichtet worden sei, der Letzte und Seltenste der Schmetterlinge! Er lebte so heimlich und verborgen, dass ihn eigentlich noch nie jemand gesehen hatte, den Hokuspokus Verschwindibus aus der Familie der Fatamorganidae! Bekannt war nur, dass das Phantom in allen Regenbogenfarben schillerte und in den höchsten Bäumen der höchsten Wälder lebte. Er wäre die Krönung für seine Sammlung, die sogar schon einmal im Museum der ausgestorbenen Tierarten ausgestellt worden ist - gleich neben dem Saal mit den Dinosauriern!
Eine Sekunde später wacht Wendelin vor Schreck schweißgebadet auf dem weichen Waldboden auf, denn in seinem Traum hatte er sich selbst gefangen!
Auf seinem verborgenen Schmetterlingsnetz aufgestützt, humpelt Wendelin nach Hause. Jetzt weiß er, was zu tun ist: er hackt die pflegeleichte Betondecke um sein Schloss auf und pflanzt dort Apfelbäume und eine Brennnesselhecke (die ihm in seinem Traum so gut geschmeckt hatte). Als seinen besten Einfall pflügt er den pflegeleichten Englischen Rasen um und sät dort eine bunte Blumenwiese an, auf der sich bald Heerscharen von Insekten tummeln.
Das Leben ist zu Professor Dr. Wendelin Wanzenbein zurückgekehrt und ein regenbogenfarbener Schmetterling landet auf seiner Glatze und scheint sich mit ihm zu freuen! Können Schmetterlinge eigentlich lachen?
Unser Wolf ist nämlich auf der Höhe der Zeit: er isst gesund und politisch korrekt! Er hat nicht nur eine ausgeprägte Humanintoleranz, als aufgeklärter Konsument fragt er seine Beute, bevor er zubeißt! An der Spitze der Nahrungskette hat man schließlich auch eine Vorbildfunktion!
Im Wald begegnet er einer Kreuzspinne: Mach´s wie ich! Ich fresse am liebsten Insekten. Das sind unterschätzte, global zur Verfügung stehende Proteinquellen. So ein Insekt ist knusprig und beim Schlucken doch fluffig zugleich. Pfui Spinne, von wegen cremiger Abgang, dachte der Wolf und trabte weiter.
Unter einer Buche traf er ein rotes Eichhörnchen: Mach´s wie ich! Ich fresse am liebsten Bionüsse und - samen. Hier sind viele Kohlehydrate und ungesättigte Fettsäuren enthalten. Die Leckersten finde ich in den höchsten Wipfeln der Bäume. Ja genau, ich und klettern. Ungesättigt bin ich selbst, dachte der Wolf und trabte weiter.
Am Feld traf er ein fettes Wildschwein: Mach´s wie ich! Ich fresse Tag und Nacht Maiskolben. Die sind voller Stärke, genetisch optimiert und absolut vegan. Grunz! Ja danke, du Schlaumeier, von ausländischen Gemüse bekomme ich nur Sodbrennen, dachte der Wolf und trabte weiter.
Wie soll ich es nur anstellen? Alles das, was gesund ist und gut für die Umwelt schmeckt mir nicht und alles was mir schmeckt, ist ungesund und schlecht für meinen Ruf. So grübelte der Wolf mit knurrendem Magen.
Wrummmmmmmmms, krachte auf einmal eine Baumkrone neben ihm auf den Boden. Mahlzeit!, rief der Biber und fing an die Rinde abzuknabbern. Schmeckt das denn? fragte der Wolf. Ja, klar! Baumrinde enthält Ballaststoffe, Zucker, Fette und medizinische wirksame Substanzen. Als Vegetarier nage ich ausgewogen, scherzte der Biber. Wir sind schon einmal fast ausgerottet worden, weil die Menschen uns wegen unseres schuppigen Schwanzes als Fische gejagt haben. Aber mittlerweile sind wir wieder überall zuhause, nicht zuletzt, weil wir unter Naturschutz stehen. Das trifft sich gut, sagte der Wolf. Auch ich bin geschützt und fast ausgestorben vor Hunger. Und hast du es nicht gesehen, schnappte er sich den Biber!
Nachdem er ihn ratzeputz aufgegessen hatte, dachte sich der Wolf: Es geht nichts über eine ausgewogene Ernährung! Da haben die Menschen schon Recht, wenn sie weniger Fleisch fressen. Erst kommt die Moral und mir bleiben mehr Biber. Die sind nicht aus Massenbiberhaltung, lokal und saisonal verfügbar, fast schon vegan und das mit dem Fisch geht eh klar! Und mir schmeckt´s!
Die Landschaft, in der er jetzt aufwacht, ist nicht mehr grün. Der Wald ist kahl und die Wiesen sind verdorrt. Jetzt im Frühling sollte das Leben eigentlich erwachen, die jungen grünen Blätter sollten ihre Knospen öffnen und auf den Wiesen sollten bunte Blumen wachsen. Meckernde Ziegen und blökende Schafe sollten seine Schlafmelodie sein. So ist es immer gewesen und nun erschreckt ihn die Stille. Wo sind die Stimmen der Vögel, die ihn aufwecken? Nur die Sonne brennt erbarmungslos und verdorrt den Boden. Die Natur ist verstummt und Pan ist allein. Nun er ist nicht ganz allein. Sein ständiger Begleiter ist sein Floh im Ohr und Ohren hat Pan sehr spitze, gleich neben seinen kleinen Hörnern.
Pan: Wo bin ich und was ist geschehen?
Floh: Wir beide sind in der Zukunft aufgewacht!
Pan: Wer hat meine Wälder und Wiesen so verwüstet?
Floh: Es waren wie immer die Menschen. Sie nennen es Klimawandel.
Pan: Windel, Wendel, Wandel. Nur ein neuer Name für ein altes Menschenleiden. Sie sind gierig und denken nicht weiter.
Floh: Ja, manche Menschen wollen immer mehr. Von allem mehr als sie brauchen und vor allem mehr Geld.
Pan: Pah, das war immer überbewertet. Davon ist König Midas auch nicht satt geworden.
Floh: Als die Menschen dann endlich genug von allem hatten, war es zu spät umzukehren. Da hatten sie ihre Zukunft schon verloren.
Pan scharrt mit seinen Hufen, dass es nur so staubt: Ich werde noch panisch vor so viel Dummheit!
Dann schnaubte Pan und er erwachte wieder in seinem schattigen grünen Hain. Was für eine Vision! Er sollte nicht zu viel von dem Saft trinken, den ihm sein Kumpel Dionysos geschenkt hatte! Oder war es doch nur der Gestank der Autos auf der nahen Autobahn, der ihm solche Albträume bereitete? Was aber, wenn er aber wirklich von der Zukunft geträumt hatte? Er würde dann ein paar Dinge ändern müssen, damit es nicht so weit kommen konnte.
Pan war zwar fast vergessen und so flüchtig wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, aber er sagte zu sich: noch bin ich im Summen der Bienen, im Wind in den Baumkronen und im Duft der Blumen. Ich bin der Nebel über den Wiesen, der Geschmack von wilden Erdbeeren und die Sehnsucht im Herzen der Menschen nach dem verlorenen Paradies. Ich bin da, aber sie wissen es nicht mehr!
Zuerst würde er wieder auf seiner Flöte sein Lied spielen, um alle hören zu lassen, dass es ihn noch gibt. Aber die lag verloren in seinem Traum von einer verdorrten Zukunft! Macht nichts! Solange der Gesang der Vögel und das Zirpen der Heuschrecken noch nicht verstummt waren, würden die Menschen wissen, dass es noch nicht zu spät wäre - und Pan wieder aufpasste!
Wir machen eine Expedition in den Dschungel! … schlug ein Automarder vor. Oh ja! Wir suchen die Menschen heim! Wir gehen in die Stadt! … freute sich eine Wildschweinrotte!
Yes, we will! …bemerkte ein sprachbegabter Waschbär mit einer Vorliebe für angebissene Leberkässemmeln. Besuchen wir die Menschen in ihren Wohnwaben – und meine Lieblingsmülltonne!
Aber dürfen wir das? Stören wir nicht die Weiterentwicklung der Menschenwelt? Ohne geschlossene Schutzreservate erfahren wir nie, ob die Zukunft menschlich oder natürlich wird! … philosophierte ein bedenkentragender Uhu.
Is eh kloa, heulte der aus Österreich zugezogene Quotenwolf. Wann dei so wöiter frössen, haben dei eh koa Zukunft net. Dei packln ois in durchsichtiges Blastik ei. I hobs probiert: gruchlos, gschmacklos und sinnlos! Woa eh kloa!
Sie vergeuden ganzjährig ihre Kraft, diese Halbstarken! Die haben keine vernünftige Brunftzeit mehr! Menschen daten und chaten ganzjährig. Alles viel zu stressig und ineffektiv! … grantelte ein eher humorloser Hirsch.
Sie schlafen nicht, weder tagsüber noch nachts. Sie halten auch keinen Winterschlaf! amüsierte sich ein Siebenschläfer. Menschen schalten einfach nicht ab, sie nennen das Online.
Gut, lassen wir die Menschen in unseren Schutzzonen in Ruhe! Aber für besonders schlau halte ich sie nicht: wer selbst keinen Pelz trägt, muss sich nicht wundern, wenn ihm irgendwann das Hirn wegfriert! … so sprach ein Fuchs, der viel rumgekommen war.
Ja, sie köteln in ihren eigenen Baue! … unterbrach ihn ein grinsendes Kaninchen.
Am Ende sind sie auch unser Ende!, unkte der Fuchs und fixierte das nun nicht mehr grinsende Kaninchen ganz genau!
Lassen wir sie einfach frei und öffnen ihnen den Wald, uhute wieder der Uhu. Bei uns können sie lernen nichts zu vergeuden, auch an ihre Jungen zu denken und nicht mehr zu knabbern, als wieder nachwächst! … ergänzte der Biber lispelnd.
Ja, lassen wir sie unsere Luft atmen und die Kraft der Sonne spüren. Dann haben sie wieder Ehrfurcht vor dem Leben! … rauschte eine glattrindige Buche esoterisch mit ihren maigrünen Blättern.
Ja, der Kulturschutz ist uns ein Anliegen! Deshalb erlauben wir ihnen unseren Wald als Heimat mit uns zu teilen! … klapperte ein weitgereister Schwarzstorch klug.
Das alles begriff ein geerdetes Wildschwein freilich nicht, aber es grunzte fröhlich: Ja, zeigen wir ihnen, wie Schwein leckere Pilze aus dem Boden wühlt!
Am Eingang zum alten Wald kontrollierte eine Sphinx die Platzkarten. Glühwürmchen, die in Wirklichkeit ja kleine Elfen sind, beleuchteten die Sitzreihen auf den Ästen. Zentauren verteilten Knabbereien, ein Faun machte Pausenmusik und Greife trennten den Müll.
Wolpertinger sprachen Dialekt und ein schüchterner Troll schnäuzte sich ganz leise. Siegfried setzte sich weit weg von einem Lindenbaum und der Drache setzte sich weit weg von Siegfried. Hexen verschenkten Knusperlebkuchen und Frau Holle kümmerte sich um gutes Klima-aber die Yetis schwitzten trotzdem. Uralte Zwerge murmelten lustige Geschichten aus ihrer Jugend, aber niemand musste lachen. Zauberlehrlinge brauchten keine Geister zu rufen, weil eh schon genug da waren. Der große böse Wolf war gut drauf und schunkelte mit Rotkäppchen und Oma. Und ganz bestimmt niemand musste sein Handy ausschalten! Schließlich scharrte das Einhorn mit seinen Hufen und pikste mit seinem Horn einen Werwolf, der laut aufheulte. Die Versammlung konnte beginnen!
Wie immer haben wir nur einen Tagesordnungspunkt, sprach Rübezahl, nämlich Das Große Vergessen. Immer mehr von uns verschwinden, weil niemand mehr an uns denkt. Wir werden immer unschärfer und blasser, bis wir ganz verschwinden und ausgestorben sind. Denkt nur an Loch Ness! Sogar ein paar Vampire mussten sich bei dieser Vorstellung gruseln und bekamen eine Gänsehaut!
Da meldete sich ein Tschirimbolli, das Letze seiner Art, zu Wort: Märchen, Fabeln und Sagen, in denen wir leben, taugen nichts, wenn niemand sie erzählt und niemand zuhört.
Aber warum ist das so? heulte die wilde Jagd im mehrstimmigen Kanon. Da, wo ihr lebt in der Phantasie der Menschen ist kein Platz mehr für euch, weil es keine Phantasie mehr gibt! unkten die Gebrüder Grimm . Die Künder glauben nur noch dem Ünternet, uhuten die Eulen. Wir brauchen Verbündete und keine ferngesteuerten Apps, applaudierte die Projektgruppe Wolpertinger Go. Aber woher bekommen wir genügend Eltern und Großeltern, die noch Zeit zum Erzählen haben?, quakte der Froschkönig.
Einmal im Jahr hilft uns der Sohn unseres Schöpfers. Wenn sein Geburtstag gefeiert wird, beschenken sich die Menschen im besten Fall mit Liebe und Zeit füreinander. Aber vielleicht sogar mit Märchenbüchern, sinnierte ein Lindwurm.
Ja, das ist die Rettung! Kinder die Geschichten hören, können wieder träumen und erzählen sie ihren Kindern weiter. Mit der Phantasie der Kinder können wir überleben!
So waren sich alle einig und freuten sich auf Weihnachten.
Aber wer weiß, wie ein Tschirimbolli aussieht? Am besten ihr malt ihr selbst ein Bild von ihm, damit es keine Angst haben muss zu verschwinden!
Also übernahmen die Tiere die Macht. Die Klügsten und Vornehmsten bildeten den Rat der Überlebenden. Eichhörnchen aus dem bayerischen Wald und Koalas aus Australien waren sich schon lange einig. In Südamerika teilten sich Faultiere und Pfeilgiftfrösche die Macht. Die Meere wurden von Heringen verwaltet und am Nord- und Südpol wussten die letzten Eisbären und Pinguine kluge Dinge zu sagen. In Papua gewannen die Paradiesvögel mit Hilfe der Stimmen der Ameisen eine Stichwahl mit den Salzwasserkrokodilen (die immerzu nur ans Fressen dachten). Und in Nordafrika freundeten sich die Primaten mit einem klugen Dornbusch an.
Alle fünf Jahre fand eine Konferenz statt, zu der die weisesten Vertreter der Kontinente kamen. Mit Rücksicht auf die Heringe wurde auch ein schlauer Schlammspringer geladen, der ja auch außerhalb des Wassers atmen kann. Er machte seine Sache übrigens sehr gut. Die Dinge auf der Erde verbesserten sich zusehends. Die Luft konnte wieder geatmet werden, das Wasser wurde wieder sauber und die Vielfalt des Lebens kehrte wieder zurück. Alle Delegierten waren sich einig, dass vielleicht schon beim nächsten Mal ein Mensch eingeladen werden konnte, um eine gemeinsame Zukunft zu planen. Am besten ein Kind!
Welche Zukunft wünschst du dir, wenn du eingeladen wirst? Schreibe dein eigenes Happyend!

Sein Stamm wurde nun länger und kräftiger und von Jahr zu Jahr wuchsen ihm Zehntausende von grünen Blättern. Aus seinen Früchten, die alle Jahre in großer Zahl reiften, wuchsen Kinder, Enkel und Ururenkel und bevölkerten die Wälder der Umgebung.
Die Tiere des Waldes lebten mit ihm und von ihm: rote Rehe knabberten an den Knospen, wilde Schweine wetzten ihr borstiges Fell an seiner rauen Rinde, bunte haarige Raupen fraßen an seinen Blättern, ein schwarzer Specht hämmerte seine Höhle in den Stamm und ein dicker Dachs grub seinen Bau tief unter die Wurzeln.

So nutzte unser Baum unermüdlich und klaglos lange Jahre Tieren und Menschen. Aber er tat eigentlich nur das, was Bäumen seit Anbeginn der Schöpfung vorbestimmt war: er lebte auf dieser Erde, fand seinen Platz im Wald, teilte ihn mit unzähligen anderen Lebewesen und kostete bis zum letzten Blatt das Leben aus.
Wind und Regen, Frost und Eis, Dürre und Hitze konnten unseren Baum nichts anhaben, der mit seinen Wurzeln fest verankert im Boden stand. Seine Krone ragte weit aus dem Wald hervor, er war ein wahrer König des Waldes. Erst ein grellweißer Blitz aus einer tiefschwarzen Gewitterwolke brannte sich in das Holz und sprengte einen großen Teil der Krone ab.
Bunte Pilze wuchsen bald aus seiner Wunde und fraßen das harte Holz. Unser Baum wehrte sich und lebte noch lange Jahre. Aber seine Zeit war gekommen und irgendwann fielen zum letzten Mal seine goldenen Herbstblätter ab und man hörte den Baum leise knarzen. Im dürren Stamm fraßen noch lange Jahre hungrige Ameisen und dicke Käferlarven, bevor er umstürzte und zerfiel.
Im Frühling keimte in seinem Staub ein Samen und entfaltete seine Blätter. Tief hinten im Wald lachte ein rotes Eichhörnchen. Aber das können nur die Kinder hören, die besonders feine Ohren haben!
Schon die Römer sollen neben Bernstein, blondem Mädchenhaar und blauen Flecken Wolpertinger als kulinarische Leckerbissen transalpin exportiert haben. Im Weinbauklima des Mittelmeerraumes explodierten die Populationen ausgekommener invasiver Wolpertinger (volgus bavaricus migrans)! Hier wurden auch erste Exemplare domestiziert, die dann prompt menschliche Verhaltensweisen übernahmen. Im gesamten römischen Siedlungsgebiet entstanden Lokalrassen, die beispielweise bis heute im Fels tiefe Höhlen graben und glitzernde Dinge verstecken (volgus credit suisse) oder als Männchen lange Jahre bei ihren Müttern leben (volgus mamma mia). Aus Coexistenz wurde Coevolution!
Ein in Vergessenheit geratenes heimisches Beispiel dafür sind die Wadlschutzstrümpfe, die sog. Loferl, die Bayernmännchen entwickelt haben aus Furcht vor dem sog. Wadlbeisser (volgus mecci cniccer). Mit Federn und Gamshaarbüscheln bewehrte Trachtenträger auf Wiesen und Kirchweihfesten kennen auch das Phänomen schlecht eingeschenkter Bierkrüge und spontan verschwindender Restnoagerln, also der Biertrankopfer für Jungwolpertinger (volgus plenus dimpf). Auch die ganzjährige Balz und Brunft, von den Menschen übernommen, führten samt Klimawandel dazu, dass von kundigen Pilzsammlern zu allen Jahreszeiten Nester von bodenbrütenden Wolpertingerweibchen gefunden werden können. Auch Hexeneier genannt, sind sie zwar genießbar, sollten aber aus Furcht vor Rache der Muttertiere im Eigeninteresse geschont werden. Alles in allem halten die Wolpertinger den Menschen speziell in Bayern für ein gut integriertes Mitglied der Schöpfung. Umgekehrt ist der Wolpertinger in seiner schillernden barocken Ungezügeltheit für uns ein identitätsstiftendes, gleichwohl unerreichbares Alter Ego.
Das Faszinosum Wolpertinger inspirierte sogar einen preußischen Regenten zur Toleranz, der seine Untertanen jeweils nach ihrer Facon glücklich werden lassen wollte. In der Bayerischen Heimat gilt eh seit jeher: Leben und leben lassen. Hier weiß man auch, dass Vielfalt der beste Schutz vor Einfalt ist!
So lebten beide nebeneinander - bis zu dem einen Tag.
Gut gelaunt und nichtsahnend flog der Marienkäfer in das Netz einer Kreuzspinne. Die hatte nämlich durchaus Appetit auf ihn. Unser Käfer wusste, dass ihm nichts und niemand mehr helfen konnte. Wenn doch nur Hilfe käme! Schon seilte sich die Spinne ab, um ihn zu einem handlichen Paket zu verschnüren, als Brotzeit für später. Da hoppelte unser Hase vorbei.
Dem Hasen waren alle Krabbeltiere, vor allem die mit mehr als 4 Beinen, ziemlich egal. Aber die Farbe des Käfers erinnerte ihn an die roten Augen eines puscheligen, schneeweißen Albino Häschens, in das er in seiner Jugend einmal unsterblich verliebt war.
Ach, Albina!
Was soll´s. Mit seinem langen Löffelohr schlenzte er den Käfer aus dem Netz, der sich aufrappelte und ihm freudestrahlend versprach:
... mümmelte der Hase und hoppelte weiter.
Monate später war ein junger flotter Fuchs in seinem Revier unterwegs und spürte den alten Hasen auf. Mit Hakenschlagen allein konnte er den Rotrock nicht abhängen. Er hatte noch etwas Vorsprung, aber der schmolz dahin. Zu schnell und zu hungrig war der Fuchs. Hinter einem Baum versteckt, erwartete der Hase sein letztes Stündlein. Wer kann mir jetzt noch helfen?
Da war auf einmal ein Summen von vielen kleinen Flügeln in der Luft und ein Schwarm Marienkäfer bedeckte ihn ganz und gar.
... wisperte sein alter Freund, der Königskäfer.
Schließlich schauten nur noch die Hasennase mit den langen Schnurrhaaren und seine Augen heraus!
Der Fuchs, immer noch auf der Suche nach seiner fast sicheren Beute dachte bei sich: die Form kenn ich doch irgendwoher, aber die Käfer schmecken echt fies. Pfui! und er schnürte schnell weiter. Er war eben noch kein alter Fuchs!
Jeden Tag eine gute Tat!, summte der Schwarm und machte sich wieder auf die Suche nach einem kuscheligen Überwinterungsquartier.
Unser Hase freute sich und wusste: jede gute Tat zahlt sich aus - besonders an Marienkäfern!
P.S.: Wie viele Wunschpunkte hat unser Königskäfer jetzt noch übrig?
Vielfalt im Wald - Texte zum Herunterladen
Weihnachtsmärchen
Quak, quakt der Laubfrosch sentimental. Ich vertrage diese Hitze einfach nicht. Gut, es hat Mücken ohne Ende, aber meine zarte Haut spannt in der Sonnenglut! Aber ich liebe es nach der Schneeschmelze aus der Winterstarre zu erwachen. Aus dem Schlamm zu kriechen und nach der Kälte seine Glieder zu strecken, ist ungemein belebend. Die erste fette Fliege ist dann immer ein Festmahl. Die ganze Verwandtschaft sitzt im Teich und quakt um die Wette. Und erst die vielen Hochzeiten und dann die ganzen Kaulquappen, da weiß man, dass man lebt. Darum liebe ich den Frühling!
Papperlapap, zwackelt der Hirschkäfer mit seinen Zangen. Sieben Jahre als fetter Engerling, der nur hartes Eichenholz zu vernagseln hat, sind genug! Endlich kann ich fliegen und mit der neuen Rüstung in der Sommersonne angeben! Dann marschiere ich in die höchsten Eichenkronen und kämpfe ritterlich um die schönsten Weibchen. Als Siegertyp brumme ich in den nächsten Obstgarten und nasche am faulen Obst. Da werde ich so richtig lustig und alles dreht sich um mich. Darum liebe ich den Sommer!
Klapp,Klapp,Klapp, klappert der Schwarzstorch mit seinem Schnabel. Balzen, Nestbauen, Eierlegen, Brüten, Füttern und nochmal Füttern. Irgendwann reicht es und die Brut ist endlich flügge. Ganz schön, aber meine Bestimmung ist der Süden. Ich bin ein Zugvogel, der gerne verreist. Gerne auch in der Gruppe um die halbe Erde - bevor die Kälte kommt. Heuschrecken in der Serengeti knuspern, darüber gibt’s nichts. Darum liebe ich den Herbst!
Wo,Wo,Wohuuu, heult der Wolf melodisch. Wenn ich die Augen schließe, spüre ich die eiskalte Luft in meiner Lunge. Ich gleite bei der Jagd über den harten Schnee und sehe meinen langen Schatten, den das Mondlicht wirft. Meine Beute ist noch schön fett von den Herbsteicheln (an dieser Stelle schauen die Wildschweine betreten zur Seite). Meine Kumpel im Rudel singen im Chor und wir sind die Herren des Waldes. Darum liebe ich den Winter!
Jede Jahreszeit hat ihre Vorteile und ihre Anhänger. Nur der alte Fuchs blinzelt listig und spricht: Ich liebe alle Jahreszeiten! Im Frühling gibt es Mäuse satt, im Sommer spielen meine Kinder, im Herbst wächst mir ein warmer Pelz und im Winter wird Hochzeit gefeiert. Aber ein Tag im Jahr ist mir der Liebste. Dann besuchen mich meine Kinder und meine Enkel in der warmen Familienhöhle. Alle sind gut gelaunt und freuen sich auf die gestohlene Gans. Wir kuscheln uns zusammen und bellen Fuchslieder. Alle sind friedlich und draußen ist die Nacht ganz still. Nur im Dorf der Menschen läuten die Glocken, sie nennen es Weihnachten!
Hier lebten noch viele Tiere ohne Namen und Eigenschaften. Als erstes sah Gott einen Hirsch. Zu ihm sagte er: dich nenne ich Hirsch! Du sollst ein prächtiges Geweih bekommen und König des Waldes genannt werden. Vor lauter Aufregung musste der Hirsch laut röhren und schnell zum nächsten Tümpel traben, um sein Spiegelbild zu bewundern.
Diese Eitelkeit enttäuschte Gott, daher erfand er ein Rudel Raubtiere. Zu ihnen sagte er: ihr seid meine Wölfe. Ihr sorgt füreinander und fresst die Tiere im Wald, die zu sorglos und eingebildet sind. Ihr bekommt scharfe Zähne und habt großen Appetit. Vor lauter Hunger heulte das Rudel gleich laut auf. Auhuuuu!
Da hielt sich Gott die Ohren zu und trat fast auf ein kleines Tier. Du bist aber klein! Damit du dich nicht vor den großen Tieren fürchten musst, sollst du ungenießbar werden. Du musst auch nicht schnell sein, aber um die anderen Tiere zu warnen, bekommst du gelbe Flecken auf deiner schwarzen Haut! Mucksmäuschenstil schlich der Feuersalamander davon.
Das war jetzt aber für Gott zu leise, da sah er einen Vogel, der neugierig zu ihm von einer Eiche heruntersah. Du sollst jetzt Eichelhäher heißen. Du passt im Wald auf und warnst alle Tiere im Wald vor Gefahr! Du brauchst keinen schönen Gesang, du musst nur laut sein, damit dich alle hören. Als schräger Vogel in Bayern bekommst du die schönsten Federn in weiß und blau. Laut rätschend flog er davon.
Ein lautes Klopfen dröhnte durch den Wald. Ein schwarzer Vogel hämmerte sich eine Höhle in eine Buche. Das gefiel Gott, weil er wusste, dass viele andere heimatlose Tiere später in diese Höhlen einziehen werden. Du wirst mein Schwarzspecht und damit dich alle wiedererkennen, schenke ich dir einen roten Scheitel! Toktoktok, flogen die Holzspäne nur so durch die Luft.
Unten am Fluss sah Gott ein Tier am Ufer an einen Baum nagen. Du bist ja sehr hungrig! Damit du im Wasser nicht frieren musst, bekommst du ein dichtes Fell. Da fiel der Baum um und Gott konnte gerade noch zur Seite springen. Aufpassen musst du aber auch! Dazu bekommst du einen platten Schuppenschwanz, damit du meine Schöpfung besser warnen kannst. Platsch!
Als Gott an einer Brennnesselwiese vorbeiging, knabberten dort gerade viele haarige Raupen mit großem Appetit. Wenn ihr satt seid, sollt ihr euch verwandeln: ihr verpuppt euch, schlüpft aus euren Kokons und fliegt als bunte Schmetterlinge am Himmel. Ihr sollt alle an die Schönheit meiner Schöpfung erinnern! Wer euch nicht mehr sehen kann, wird um die verlorene Farbe in seinen Träumen trauern!
So ging das den ganzen Tag und alle Tiere bekamen ihre Namen und Eigenarten. Im letzten Sonnenlicht summte noch ein kleines Insekt von Blüte zu Blüte. Was machst du da? Ich sammle Nektar für den Winter und befruchte alle Pflanzen, die ich besuche. Ohne Samen müssen sie nämlich aussterben, kaum, dass sie einen Namen bekommen haben. Diese Antwort gefiel Gott. Du sollst eine fleißige Biene bleiben! Du und deine Schwestern werdet süßen Honig machen und in duftenden Waben sammeln. Ihr könnt euch mit einem Stachel wehren- aber nur einmal in eurem Leben! Ihr werdet meinen Menschen später mit eurem Honig helfen, die Bitterkeit des Alltags zu vergessen. Da summte die glückliche Biene ein leises Danke.
Darum schmecken wir auch noch heute in jedem Honiglebkuchen die Süße unseres verlorenen Paradieses!
Dabei war er nicht majestätisch, sondern einfach nur ein fettes Eichhörnchen. Erich war so groß geraten, weil er den anderen Hörnchen im Wald keine Nüsse gönnte. Überall im Wald hatte er seine Nussverstecke angelegt, die er streitlustig bewachte. Seine Gier und sein Geiz waren legendär.
Jetzt im Herbst waren alle Zapfen, Eicheln, Haselnüsse, Walnüsse und Bucheckern gesammelt. Der Winter konnte kommen!
Auf dem Weg zu seinem Nussschatz kletterte Erich aus seinem Kobel, balancierte sich mit seinem Schwanz aus und kletterte auf einen für ihn viel zu dünnen Zweig und - Kracks! Erich fiel und er fiel tief auf seinen Kopf. Als er wieder aufwachte, hatte er eine Beule und immer noch Hunger - aber wo waren seine Nüsse? Wo hatte er sie nur versteckt? Alles vergessen!
In den nächsten Wochen suchte er überall im Wald, aber dummerweise hatte er dieses Jahr alle Nüsse in einem einzigen hohlen Baum versteckt - und der ließ sich einfach nicht finden. So magerte er immer mehr ab, bis er so schlank war wie ein normales Eichhörnchen. Bei den anderen Hörnchen blitzte er ab, denn die wollten ihm, Ekel-Erich, nichts abgeben.
Die Tage wurden immer kürzer und die Nächte immer kälter und er lernte, dass er nur ein einfaches Hörnchen war. Kein König ohne Freunde, der mit niemandem zu teilen brauchte.
Eines Abends saß ein kleines rotes Hörnchenkind vor ihm und hielt ihm eine Nuss vor die Nase.
Vor lauter Rührung fangen seine Schnurrhaare an zu zittern und er schluchzte ein leises Danke!
Zum Knabbern der Nuss kletterte er auf einen hohlen Baum, drückte versehentlich einen Geheimast zur Seite und Berge von Nüssen, Eicheln und Bucheckern sprudelten hervor. Sein Nussspeicher! Heute würde er mit allen Hörnchen im Wald teilen und feiern! So wurde aus Eichhörnchen Ekel-Erich ohne Freunde, der allseits beliebte und großzügige Edel-Erich.
In dieser Nacht läuteten die Kirchturmglocken der Menschen, denn es war Weihnachten!
all das lag hinter ihm, er ist auf dem Weg zu sich selbst!
Seine Arbeit erfüllt ihn, sie ist seine Berufung, aber das ist heute nicht mehr wichtig. Er schätzt die Gesellschaft der Menschen seiner Heimat, aber nun geht er alleine in den Wald.
Die Lichter der Stadt sieht man hier nicht mehr, vor ihm wartet die Dunkelheit des Waldes.
Die Augen werden nicht mehr vom Schein geblendet, sie fangen an, wieder an das Wesentliche zu sehen. Die laute Welt endet hier, die hohen Bäume haben ihre eigene Symphonie. Wenn man selbst nur gut genug zuhört, kann man den Atem der Schöpfung hören, der sich ausruht für den Neubeginn im Frühling. Er hört seine Schritte wieder und bald sieht man nur noch seine Spuren im Schnee. Die frische, saubere Luft sticht in der Lunge und schärft den Geist. Er ist kein Junger mehr und er spürt seinen Körper, aber hier fällt die Last der Jahre von ihm ab. Das Leben ist leicht in der Weihnacht!
Heute werden alle mit der Gabe beschenkt, die für Macht, Geld und Stand dieser Erde nicht zu erlangen ist. Sie ist das Geburtsrecht all derer, die nicht verlernt haben, wie ein Kind zu sehen. Es ist das Wissen, dass uns am Ende nichts weiter übrigbleibt als die Liebe allein.
Zu denen, die gegangen sind, die um uns sind und die sein werden.
Aus dieser Gabe erwächst Verantwortung im Handeln. Für uns Menschen und gegenüber der uns anvertrauten Schöpfung. In ihr erfahren wir Erdung und Inspiration zugleich, ihre schiere Größe und Schönheit macht uns demütig und gibt immer wieder Mut die Zukunft für uns und unsere Kinder zu gestalten.
Jetzt weiß er wieder, warum er ist und er kehrt er heim zu den Seinen, um gemeinsam das Fest der Liebe zu feiern!
Das Mädchen und der Junge waren auf der Flucht. Sie waren hungrig und froren. Die Menschenkinder waren auf der Suche nach einer Heimat, die Wärme, Nahrung und Schutz versprach. Die beiden haben ihre Heimat und alles was sie liebten verloren. Die Raserei des Krieges hatte alles vernichtet.
Nachts orientierten sie sich am Licht der Sterne. Nur heute in der Christnacht war Neumond und alles war tintenschwarz. Sie hatten sich verlaufen. Große Bäume eines Waldes versprachen Schutz. Aus der ledrigen schwarzen Rinde eines Baumes entzündete der Junge ein Feuer.
Das Licht war dem kleinen Teufelchen, das im Wald alles um sich herum schwarz färbte gar nicht recht! Es fragte die beiden Kinder listig: Öha, ihr zwei kommt mir gerade recht! Ich könnte aus euch schwarze stinkende Pilze zaubern, aber ich habe Mitleid mit euch. Wenn ihr bis zum Morgengrauen erratet, wer ich bin, bekommt ihr meinen Schatz und könnt gehen. Ansonsten bleibt ihr für immer bei mir im Dunkelwald!
Am Morgen fragte der kleine Wicht: Nun, wer bin ich? Der Junge sprach: Du bist - Ja, wer weiß es denn auch? - der Hass! Da zerfiel der Teufel zu einem schwarzen Aschehaufen, den sogleich der Wind verblies. Der Fluch, der auf dem Wald lastete verschwand gleichermaßen
Die beiden Kinder waren überglücklich und hielten sich an den Händen fest. Die weiß leuchtenden Birken strahlten sie an und erklärten: ihr habt uns vom Fluch befreit und wir sind wieder die schönsten Bäume im Wald. Das Geheimnis des versteckten Schatzes ist wertvoller als alles Gold der Erde. Stärker als der Hass ist die Liebe. Die behaltet für immer in euren Herzen!
Herzen aus Birkenrinde zeigen den Mädchen, was im Leben wirklich zählt und Sterne aus Birkenrinde zeigen den Jungen den Weg zu denen, die sie lieben.
Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen, sagte der alte Siebenschläfer, und es hat mir nicht geschadet. Wir schlafen lange und stehen spät auf, wenn wir nicht sowieso Winterschlaf halten. Schlafen ist unser Ding!
Alle anderen Schläfer waren sich hierin einig, dass es so war, so ist und so sein wird. Alle? Nur ein kleiner Siebenschläfer namens Schorsch sagte laut: Ich bin aber noch nicht müde! Ich will nichts verpassen! Ja, ja - du wirst auch noch einschlafen, dachten die anderen und fingen schon mal an zu gähnen.
In dieser Nacht, als alle schon schnarchten, schlich sich Schorsch aus dem warmen Kobel in den Wald. Es war die Christnacht und einmal im Jahr leben alle Tiere im Wald friedlich miteinander und können einander verstehen. Die Hasen spielten mit den Füchsen Hakenschlagen, worin die Hasen allerdings unschlagbar sind, die großen Eulen nahmen die Mäuse auf einen Freiflug mit, um ihnen den Wald mal von oben zu zeigen und die Luchse zeigten den Rehen, wie man sich am besten anschleicht. Schorsch lernte viele neue Freunde kennen und sie zum ersten Mal einen Siebenschläfer, denn die hatten den Weihnachtstag bisher immer verschlafen.
Schorsch fragte das Hermelin: kannst du mir erklären, warum sich heute alle vertragen und nicht wie sonst auffressen. Ludwig, das Hermelin sagte ein bisschen oberschlau: Ja, wo kommst denn du her, dass du so etwas nicht weißt? Wir feiern heute Nacht den Geburtstag des Gottessohns, der Allen Frieden und Liebe versprochen hat, die an ihn glauben. Wir vertragen uns und freuen uns gemeinsam mit den Menschen.
Die Weihnachtsfeier wurde immer lauter und lustiger, als auf einmal eine Rehgeiß laut klagend heranstürmte: Mein Kitz, mein Kitz, mein Kitz!
Alle liefen herbei und sahen das Rehkitz in einer Schlinge zappeln, die ein Wilderer gestellt hatte. Wenn wir nichts unternehmen, erstickt mein Kind! Alle wollten helfen: das große Wildschwein versuchte den Baum zu entwurzeln, an dem das Seil gespannt war, der Hirsch verhedderte sich fast selbst in der Schlinge, der Fuchs hatte nur schlaue Ideen und das Eichhörnchen Zahnschmerzen- niemand hatte Erfolg oder wusste Rat! Schorsch meldete sich ganz bescheiden: Ich mach das, weil wir Siebenschläfer für unser Leben gerne klettern und nagen! Und ratzfatz war das Seil durchgenagt und das Rehkitz befreit.
Das Erstaunen um die Geschicklichkeit der Siebenschläfer und die Dankbarkeit waren groß! Schorsch wurde in dieser Nacht zum Ehrengast und musste das Siebenschläferehrenwort abgeben alle Schlingen im Wald zu zernagen.
Erst im Morgengrauen kam Schorsch nach Hause .Stolz, zufrieden und ein klein wenig müde rollte sich Schorsch zu einer Kugel und kuschelte sich in seinen buschigen Schwanz. Alle anderen Siebenschläfer, die ihn sahen nickten sich verständnisvoll zu und sagten, er ist eben doch ein waschechter Siebenschläfer! So herrlich müde!
Und seitdem schlafen Siebenschläfer gerne tagsüber, aber sind nachts hellwach, um nichts zu verpassen!
Jedes Jahr im Herbst fangen die Eichhörnchen an Wintervorräte zu sammeln und zu verstecken. Die jungen Eichhörnchen, die noch keinen Winter erlebt haben, sind natürlich etwas faul und möchten am liebsten gleich alles, was sie gesammelt haben auf einmal verknuspern. Dann wissen ihre Eltern, dass es wieder soweit ist die Geschichte zu erzählen.
Vor vielen Jahren lebte ein Volk in den Wäldern der Welt: die Murksler! Sie waren groß und schön anzusehen, aber eitel, sie dachten viel, aber nur an sich und sie waren Genießer, aber gierig. Die großen fruchtbaren Wälder boten Früchte im Überfluss. Das Volk der Murksler wuchs und eroberte alle Wälder der Erde. Man lebte im Paradies und dachte sich immer neue Rezepte aus, um die Früchte des Waldes noch leckerer zuzubereiten.
An dieser Stelle des Märchens freuten sich die jungen Eichhörnchen, sie schmatzten und klapperten mit den Zähnen - Nüsse sind ja so lecker! (Menschenkinder knabbern jetzt auch gerne an Nüssen)
Um noch größer und dicker zu werden, entwickelten die Murksler immer bessere Techniken, um auch noch die immer weniger werdenden Nüsse und Samen zu finden und zu ernten: alles, was nachwuchs, wurde ratzekahl aufgefressen. Schließlich lebten nur noch einige wenige alte Bäume, aber kein neuer junger Wald wuchs nach. (Frage an die Menschenkinder: Was soll man machen?)
Schließlich kam es, wie es kommen muss: die letzten alten Bäume stürzten um, es gab keine Wälder und keine Nüsse mehr. Macht nichts!, lachte man noch immer: Wir holen uns einfach aus den Nachbarwäldern ein paar neue Nüsse. Leider gab es auch hier keine Bäume mehr, nur Murksler, die genauso dachten! Im nächsten Frühjahr war es sehr still auf der Erde. Die Murksler waren verschwunden, keiner wusste, wo sie geblieben waren …
Jetzt gruselten sich die jungen Eichhörnchen (und Menschenkinder) vor so viel Dummheit. Aber alle beruhigten sich schnell und lachten (Können Eichhörnchen lachen?), weil sie wussten, dass es ein Märchen war. Denn niemand, aber auch wirklich niemand konnte so dumm sein! Umso eifriger halfen die Eichhörnchenkinder nun ihren Eltern beim Verstecken. Vorsichtshalber achteten sie aber im Winter darauf, nicht alle Nüsse, Eicheln und Bucheckern zu finden, damit auch genügend Bäume nachwachsen konnten. Es ist so einfach!
Deshalb ist es klug, auch für die Menschen, sich auch Gedanken um die Zukunft zu machen und von den Eichhörnchen und den Murkslern zu lernen!
Weit, weit ganz hinten in einem dunklen Wald keimte ein kleiner Baum. Zunächst wartete er ungeduldig lange Jahre auf Licht zum Wachsen. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, zum Glück war er sehr genügsam. Endlich endete die Schattenzeit und er konnte sich strecken! Er wuchs und wuchs, er wollte gar nicht mehr aufhören. Nun hatte er schon mehrere 100 Jahre hinter sich und noch genauso viele Jahre vor sich. Der Stamm glänzte silbern, war dick wie 10 Männer und seine Krone ragte über alle anderen Bäume des Waldes. Der Baum hatte viele Generationen von Tannenkindern in den Wald entlassen, die auch schon selbst wieder große Bäume waren. Ein Jahr folgte ums andere und unser Baum war zufrieden mit seinem Dasein, wie es nur ein Baum sein kann. Er war ein wahrer König des Waldes, der stolze Tannenkönig!
In der Menschenwelt herrschte wieder Krieg. Ein Kind floh in den Wald um sich zu verstecken. In der kalten Winternacht ließ der Frost den Nebel zu scharfen Kristallen gefrieren, bald würde es schneien. Vor Erschöpfung brach das Kind unter dem Tannenkönig zusammen. Unser Baum hörte den leisen Herzschlag des Kindes und spürte den feuchten Atem, der in kleinen Wolken in den klaren Nachthimmel stieg. Das Kind blieb stumm vor Müdigkeit und wollte nur noch einschlafen. Die Kälte drang durch die zerlumpte Kleidung und lähmte Hände und Füße. Das Kind würde bald erfrieren.

Zuerst löste sich eine Nadel, dann schwebten Hunderte und Tausende nach. Die Nadeln waren weich und dufteten, sie bedeckten und wärmten das Kind. Die Tanne war glücklich, denn nun wusste sie, warum sie so groß und stattlich werden durfte: nur für diese eine Nacht und für dieses Kind. Nach einem letzten Zittern war die Tanne kahl und das Kind durfte weiterleben. Es war die Weihnachtsnacht und alles stimmte wieder.
Seit dieser Nacht kommen Tannenbäume aus dem Wald zu uns nach Hause und erinnern an die Kinder in Not. Und wenn sie ihre Nadeln verlieren, wissen wir jetzt warum!
Na gut, kleine Kinder - auch wenn sie Könige sind - spielen mit allem, was man ihnen gibt. Er beugte sich über die Krippe und das Jesuskind sah ihn vergnügt an. „Hallo Kleiner, hier hast Du was zum Spielen!“, flüsterte der kleine Hirte. Das Kind nahm den Zapfen, gluckste fröhlich – und gab ihn zurück. Naja, das war wohl nichts, dachte unser Bub und schlich enttäuscht nach Hause zu seinen Tieren.
Am Morgen sah er, dass sein Zapfen zu Gold geworden war und in ihm auch goldene Samen steckten. Er, der nichts besaß, war reich beschenkt worden von einem Säugling in einer Krippe. Für den Zapfen bekam seine Familie eine ganze Kuh, zehn Hühner, zwanzig Schafe und er einen süßen Kuchen. Die Samen aber pflanzte er ein, goss sie mit Wasser und hütete sie vor den hungrigen Ziegen.
Ein wunderschöner Wald wuchs aus den goldenen Samen heran! Und noch als alter Mann besuchte er ihn am Geburtstag des Gottessohns in der Krippe. Und es war, als ob der Wald dann besonders funkelte und leuchtete zur Freude der Tiere, die in ihm wohnten und der Menschen, die ihn besuchten.
Kleine Kinder mit besonders feinen Ohren können dann hören, wie die Zweige rauschen und lachen! Seit dieser Zeit holen sich die Menschen zu Weihnachten einen Baum aus dem Wald und wenn sie vergessen haben warum – dann wissen sie es ja jetzt!
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