Beruf der Hauswirtschaft
Wir streiken nicht – wir halten den Laden am Laufen
In der Woche vom 10. bis 14. Juni lenkte der Deutsche Hauswirtschaftsrat in ganz Deutschland den Blick auf die professionelle Hauswirtschaft. Unter dem Motto „Wir streiken nicht - wir halten den Laden am Laufen“ zeigt er den Blick auf Menschen, die 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche Verantwortung übernehmen für andere Menschen.
Sie organisieren eine vollwertige Verpflegung in Kitas und Schulen, versorgen und betreuen alte Menschen in Senioreneinrichtungen aber auch zu Hause, managen den Gästebereich in Tagungshäusern oder sind für die Reinigung und Wäscheversorgung zuständig.
In rund 7000 Betrieben in Bayern – wie Seniorenheimen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Jugendherbergen und Kliniken – sowie als selbständige hauswirtschaftliche Unternehmende leisten sie oft unbemerkt durch ihr alltägliches professionelles Handeln einen Beitrag zu einer funktionierenden sowie nachhaltigen Gesellschaft.
In einem Interview mit drei erfolgreichen Hauswirtschafterinnen besprechen wir wichtige Fragen rund um die Perspektiven dieses Berufsfeldes wie auch Interessantes rund um die Ausbildung zur hauswirtschaftlichen Fachkraft.
Wie sehen die Berufs- und Aufstiegschancen aus?
"Sehr gut!", sagt Carina Brunner Fachlehrerin für Küchenpraxis sowie Garten und Natur an der Teilzeitschule Hauswirtschaft in Schwabmünchen. "Als Hauswirtschafterin hat man immer einen sicheren Arbeitsplatz. Besonders in der jetzigen Lage hat man sogar gute Chancen, in seinem Traumberuf auch gehaltstechnisch gut verhandeln zu können. Die künstliche Intelligenz (KI) kann die Hauswirtschaft unterstützen, aber nicht ersetzen. Nur der Mensch kann zwischenmenschlich gut versorgen und betreuen. Auch die Weiterbildung und Aufstiegschancen sind vielfältig! Es gibt viele Wege, sich weiterzuentwickeln: Von der Technikerin, Dorfhelferin, Fachlehrerin in Grund- und Mittelschulen, über die Meisterin oder Betriebswirtin bis hin zum Bachelor- oder Masterstudium.
Mit 16 wusste ich noch nicht genau, was ich werden wollte.
"Das Hotelfach sprach mich an, aber ich wollte nicht von zuhause ausziehen, da ich in der Ausbildung im Wohnheim des Hotels hätte schlafen müssen. Kochen, backen, nähen, gestalten und Gäste bedienen machte mir schon immer Spaß. Daher entschloss ich mich nach der Realschule für die dreijährige Ausbildung zur Hauswirtschafterin. In einer der ersten Unterrichtsstunden wurde die Karriereleiter in der Hauswirtschaft vorgestellt, und ich erkannte, dass ich durch den Start als Hauswirtschafterin ganz ohne Studium den Weg zur Fachpraxislehrerin einschlagen konnte. Diese Fächer, zusammen mit Sport, waren schon zu Schulzeiten meine Liebsten.
Zum Ende meiner Ausbildung musste ich entscheiden: Werde ich direkt Lehrerin an Kultusschulen, oder mache ich eine weiterführende Ausbildung zur hauswirtschaftlichen Betriebswirtin, um später in der Erwachsenenbildung zu lehren? Da ich in meiner Zeit als Hauswirtschafterin einige Praktika absolvierte und mein Interesse an Großküchen entdeckte, entschied ich mich für die Fachakademie für Hauswirtschaft in Augsburg. Dort absolvierte ich die dreijährige Ausbildung zur hauswirtschaftlichen Betriebswirtin.
Nach dieser Weiterbildung war es Zeit zu arbeiten – und zu reisen! Mit diesem Beruf absolut ideal! Ich sammelte tolle Erfahrungen in Hotels, Gastronomien und Großküchen in Deutschland, Australien und Südafrika. Mit Mitte Dreißig war dann die Zeit gekommen, endlich Lehrerin zu werden. Nach zwei Jahren Anwärterzeit, also dem staatlichen Vorbereitungsdienst, am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bin ich nun Fachlehrerin für die Praxisfächer Küchenpraxis sowie Garten und Natur. Es bereitet mir große Freude, jungen Frauen – gerne auch Männern – mein hauswirtschaftliches Wissen weiterzugeben und die Liebe für Lebensmittel, Natur und Kreativität zu teilen."
Fazit
"Anhand meiner Vita kann man sehen, dass ich die Karriereleiter nicht schnurstracks hochgeklettert bin und große Abstände zwischen meinen Sprossen hatte. Doch ich habe mein Ziel erreicht. Für diejenigen, die schneller vorankommen wollen, möchte ich von meiner Kollegin berichten. Sie besuchte nach der Hauptschule die Hauswirtschaftsschule, wurde anschließend hauswirtschaftliche Betriebsleiterin, ging direkt in die Anwärterzeit und ist nun mit 24 Jahren fertige Fachlehrerin. Außerdem lässt der Beruf viele Entwicklungsmöglichkeiten zu und kann theoretisch weltweit ausgeübt werden.
Warum besuchten Sie die Fachschule für Ernährung und Haushaltsführung?
"Jeder denkt, dass er hauswirtschaftlich arbeitet, aber so einfach ist das nicht.", erzählt Hauswirtschaftsmeisterin Gertraud Sontheim. "Dahinter steckt viel Fachwissen und Know-how. Durch Corona habe ich meinen Weg in die Hauswirtschaft gefunden. Klar war mir zunächst nur, dass ich nicht mehr in meinen alten Beruf zurück möchte.
Während eines Schweigeseminars im Kloster kam mir die Erkenntnis "Ich möchte Dorfhelferin werden!". Jedoch hat sich dies nach einem Gespräch mit der regionalen Ansprechpartnerin nicht so einfach gestaltet. Grundvoraussetzung ist der Berufsabschluss Hauswirtschafterin. So bin ich zur Landwirtschaftsschule Abt. Hauswirtschaft Schwabmünchen gekommen. Hier habe ich aus einer Hand mein wichtiges Basiswissen in der Hauswirtschaft erlernt. Hierzu zählt nicht nur kochen, waschen, bügeln und reinigen. Auch die Persönlichkeitsbildung ist eine wichtige Grundvoraussetzung in der Hauswirtschaft. Sich vor fremden Menschen zu präsentieren und dabei die richtige Fachsprache zu verwenden. Nur so können Hauswirtschafterinnen sich auf dem Markt richtig positionieren.
Während der Schulzeit an der Teilzeitschule kam die Erkenntnis: Mit dem Meister habe ich auf dem Arbeitsmarkt mehr Möglichkeiten. Daher folgte anschlileßend die zweijährige Meisterschule in Rosenheim.
Wie planen Sie nach der Schule ihr Wissen einzusetzen?
Mir liegt die Küche und die Kommunikation! Während der Meisterausbildung habe ich in einem Seminarhaus in der Küche wichtige Kompetenzen im Bereich Wirtschaften und Zeitmanagement gesammelt. Dort konnte ich sogar drei Gerichte aus dem Lehrgang in den Speiseplan integrieren. Man kann etwas bewirken! Mein Traum ist es sowohl Hauswirtschaftscoachings, Vorträge und Seminare anzubieten aber auch als Lehrerin bereits der jungen Generation wichtige Kernkompetenzen der Haushaltsführung zu vermitteln. Auch die Tätigkeit im Großhaushalt bereitet mir große Freude. Mir ist es wichtig den Mitmenschen aufzuzeigen, dass Hauswirtschaft jeden und überall betrifft und deshalb einer guten Qualität bedarf.
Wo findet man den Beruf Hauswirtschaft heute noch?
"Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter können in verschiedenen Bereichen arbeiten. So zum Beispiel in privaten sowie gehobenen Haushalten, landwirtschaftlichen Haushalten mit Direktvermarktung, Gästebeherbergung, Bauernhofcafés, sozialen Einrichtungen wie Senioreneinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, Großhaushalten wie in Krankenhäusern, Kurkliniken, Tagungsstätten oder in hauswirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmen wie hauswirtschaftlichen Fachservices, Cateringservices. Damit ist ein breites Arbeitsfeld mit vielseitigen Aufgaben und unterschiedlichen Schwerpunkten je nach Vorlieben für eine Fachkraft möglich.", zählt die stellvertretende Schulleitung der Hauswirtschaftsschule in Schwabmünchen auf.
Wie sehen die Berufs- und Aufstiegschancen aus?
"Die Zukunftsperspektiven sind super! Nach dem erfolgreichen Abschluss zur Hauswirtschafter/in stehen viele Fortbildungsberufe offen, wie sie bereits von Frau Brunner und Frau Sontheim erfahren haben. Neben der Fachlehrerlaufbahn und Meisterschule kann die Dorfhelferin Familien in landwirtschaftlichen Haushalten, in denen ein Elternteil für längere Zeit ausfällt unterstützen. Ebenso können auch ländliche Privathaushalte durch Vertretung der Hausfrau oder des Hausmannes Unterstützung in Krisensituationen erhalten. Die Techniker sind in Mittel- und Großbetrieben vielseitig als Führungskräfte einsetzbar. Ebenso attraktiv sind die Betriebswirtinnen mit ihren Fach- und Führungskompetenzen."
Fazit: Hauswirtschaft ist spannend, vielfältig und attraktiv!
Was früher fast ausschließlich privat geleistet wurde, ist heute immer öfter in professionelle Hände gelegt. Berufe rund um die Hauswirtschaft gewinnen immer mehr an Bedeutung: Sie sind modern, attraktiv und perspektivenreich.